In vielen demokratischen Ländern wie Indien, dem Vereinigten Königreich und den USA haben kürzlich Wahlen stattgefunden, und auch in Deutschland stehen Wahlen bevor. Freie Wahlen sind ein grundlegendes Merkmal demokratischer Gesellschaften. Die Bürgerinnen und Bürger in diesen offenen Gesellschaften haben klare Forderungen an die Organisation ihres sozialen Systems.
Primär werden drei grundlegende Forderungen gestellt:
1. Beteiligung an der Prosperität der Gesellschaft: Die Menschen möchten durch eigenes Zutun und Partizipation in der Gemeinschaft zur Prosperität der Gesellschaft und sich selbst beitragen. Ausnahmen werden für diejenigen akzeptiert, die Schutz oder Hilfe benötigen.
2. Ein funktionierendes Allgemeinwesen: Dazu gehören Gesundheitsversorgung, Infrastruktur, Bildung, Sicherheit, Rechtssystem und andere gemeinschaftliche Bedürfnisse.
3. Gehör und Wahrnehmung: Die Stimmen und Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger sollen gehört und wahrgenommen werden.
Damit diese Forderungen erfüllt werden können, sind bestimmte Rahmenbedingungen notwendig:
- Meinungsfreiheit: Die Meinung des Einzelnen kann frei geäußert werden, und ein kommunikativer Wissens- und Informationsaustausch findet in der Gesellschaft statt.
- Individuelle Verantwortung: Die Freiheit des Einzelnen und sein Handeln sind geprägt von individueller Übernahme von Verantwortung, wobei dies den anderen in der Gesellschaft in gleicher Weise zugestanden wird. Das Interesse des Individuums steht nicht über den kollektiven Notwendigkeiten.
- Gewaltfreier Regierungswechsel: Ein gewaltfreier Regierungswechsel und die Abberufung der Macht auf Zeit nach demokratischen Prinzipien sind essenziell.
- Lernfähigkeit der sozialen Gemeinschaft: Die soziale Gemeinschaft lernt aus neuen Erkenntnissen oder Fehlern, passt die Strukturen an und entwickelt sie weiter, um Zukunftsfähigkeit zu gewährleisten.
- Balance zwischen dezentralen und zentralen Strukturen: Eine Balance zwischen dezentralen und zentralen Ordnungs- und Machtstrukturen wird gepflegt.
- Schutz der eigenen Gesellschaf: Eine soziale Gemeinschaft oder ein Staatenverbund kann sich so abgrenzen, dass Austausch mit anderen stattfinden kann, aber der Schutz der eigenen Gesellschaft sowie Rechtsstaatlichkeit und Eigenständigkeit in Freiheit und Frieden gewährleistet sind.
- Wirtschaftliches System: Das wirtschaftliche System hat starke kapitalistische Züge, an denen alle partizipieren können.
Wenn man weltweit die politischen Strömungen betrachtet und den Diskurs in Deutschland beobachtet, wird ein Versagen der politischen Eliten in vielen Ländern, einschließlich Deutschland, sichtbar. Es reicht nicht aus, sich auf Brandmauern oder Feuerlöscher zu verlassen, wenn man nicht in der Lage ist, die Ursache des Feuers nachhaltig zu löschen, die in den drei Kernforderungen stecken.
Das mangelnde Verständnis für die Bedürfnisse breiter Bevölkerungsschichten und das Nicht-Respektieren der Grundlagen funktionierender demokratischer Gesellschaftsformen führen zu sichtbaren Problemen. Ein florierendes, kreatives und agiles wirtschaftliches System ist notwendig, damit aus den Steuersubstraten aller Partizipierenden ein nachhaltiges, funktionierendes Gemeinwesen bewirtschaftet werden kann. Dies erfordert Angstfreiheit, aber keine Abkehr von Leistung. Frieden und Freiheit durch militärische Stärke und Allianzen sind ebenso notwendig wie die Beteiligung aller Gesellschaftsschichten an der Reise in die Zukunft durch eigenes Engagement.
Diese Reise kann jedoch nicht angetreten werden, wenn Parteien und Politiker nur in ihren urbanen sozialen Räumen agieren, ihrer Klientel huldigen und durch wenig lebens- und berufliche Erfahrung in einem nicht staatlichen Umfeld sozialisiert wurden. Es braucht von der politischen Elite intelligentes, tatkräftiges und inspirierendes Leadership, das auf der Erfahrung und dem Leben in breiten Schichten der Gesellschaft beruht und dem Markt und Wettbewerb ausgesetzt war.
Die politische Elite wird im Rahmen von Wahlen mit Gestaltungsmacht ausgestattet und ist verpflichtet, diese verantwortungsvoll einzusetzen. Wenn die politische Elite den Gestaltungsraum und die Macht nicht annimmt, entgehen der Gemeinschaft Gestaltungschancen für das soziale System, und es entstehen systemische Probleme. Die Welt ändert sich und somit muss sich eine demokratische Gesellschaft ändern und das braucht Veränderung durch Erkenntnis und Führung, die diesen Prozess erfolgreich gestaltet. Wird die Macht nur für eigene Ideale und Ziele, Wiederwahl und Machterhalt und nicht zum Nutzen der Gemeinschaft eingesetzt, ist eine gesellschaftliche Gegenreaktion in Form des Erstarkens der Extreme zu erkennen.
Fazit
Die jüngsten Wahlergebnisse in den USA, Frankreich, Österreich und Italien zeigen deutlich, dass die politischen Eliten vieler Länder vor großen Herausforderungen stehen. In den USA hat Donald Trump die Präsidentschaftswahl 2024 gewonnen, mit Tendenzen, die über die konservative Mitte hinausgehen. In Frankreich hat das Linksbündnis Nouveau Front Populaire überraschend die Parlamentswahl für sich entschieden, und der Rassemblement National ist am rechten Rand erstarkt. In Österreich erzielte die FPÖ unter Herbert Kickl das beste Ergebnis ihrer Geschichte, und in Italien dominiert weiterhin die Mitte-Rechts-Koalition unter Giorgia Meloni.
Diese Ergebnisse spiegeln die Unzufriedenheit vieler Bürgerinnen und Bürger mit den etablierten politischen Kräften wider, ein Versagen der politischen Elite und verdeutlichen die Notwendigkeit eines neuen, verantwortungsvollen und zukunftsorientierten politischen Leaderships. Aber woher kommen die Menschen? Es braucht auch in diesem Bereich Kompetenz und Werte, aber wenig Ideologie und Klientelfokus.
In Deutschland leidet die politische Führung an einem Mangel von Kompetenz, hat zu viel Ideologie im Gepäck und zu wenig gesellschaftlichen Pragmatismus. Es bleibt die Frage: Gibt es bessere Wege, politische gute Führung zu etablieren? Wie bekommt eine demokratische Gesellschaft die geeignetsten Personen in die wichtigen Führungsaufgaben? Bis wir einen besseren Weg gefunden haben, sollten wir unsere Stimme nutzen – also wählen gehen.